Unsere Hände sind wahre Wunder der Anatomie und darüber hinaus überaus praktisch. Eine Vielzahl
von Nerven macht sie zu hochsensiblen Werkzeugen, mit deren Hilfe wir unsere Umwelt aufs Genaueste wahrnehmen. Auch unsere Pferde profitieren davon! Hast du schon einmal dein Pferd mit deinen
Händen genau unter die Lupe genommen? Probiere es doch einmal aus und entdecke deinen Tastsinn!
Unsere Hände helfen uns dabei das Gewebe des Pferdes zu spüren, seine Konsistenz und Elastizität
wahrzunehmen und kommen so scheinbar verborgenen Schmerzen auf die Spur. Mit unseren Händen ertasten wir Verspannungen, Knoten, Verklebungen, Schwellungen und Temperaturunterschiede.
Bevor es losgeht suche dir einen ruhigen, gewohnten Platz, an dem sich dein Pferd entspannen kann. Das kann zum Beispiel der Putzplatz sein, aber auch die Stallgasse, wenn etwa wenig im Stall los
ist. Wichtig ist, dass ihr genug Platz haben und, dass sich keine möglichen Gefahrenquellen, wie etwa Schubkarren oder Putzkisten in der Nähe befinden. Sowohl du, als auch dein Pferd brauchen
Raum, um ausweichen zu können, wenn es unangenehm wird. Es empfiehlt sich, dass du dein Pferd vorher putzt, der Einsatz von Fellspray ist allerdings ein Tabu, es macht das Fell zu glatt und
erschwert es unseren Händen Widerstände zu ertasten. Wie immer im Umgang mit Pferden gilt, dass Schmuck abgenommen werden sollte, da er sich verhaken und so euch oder euer Pferd verletzen könnte.
Auch Parfums sowie parfümierte Bodylotions oder Aftershave sind Tabu, da vielen Pferden die enthaltenen Duftstoffe unangenehm sind.
Achte immer auf die Reaktionen deines Pferdes! Pferde sind sehr ehrlich und werden es zeigen, wenn Sie eine Berührung als unangenehm oder als schmerzend empfinden. Fange stets mit leichtem Druck
an und steigere ihn vorsichtig. Teste die Druckstärke doch auch einmal an dir selbst: entspannte Muskeln ertragen mehr Druck als verspannte. So schmerzt uns ein beherzter Griff in die verspannte
Nackenmuskulatur deutlich mehr, als etwa ein Griff in die entspannte Oberschenkelmuskulatur. Taste mit Gefühl und achte auf das, was dein Pferd dir mit seiner Körpersprache sagen möchte. Beachte
auch, dass Pferde, wie auch wir Menschen, unterschiedliche Toleranzschwellen haben, passe also den ausgeübten Druck individuell deinem Pferd an.
Dies können Anzeichen für Schmerzen sein:
- Dein Pferd reißt den Kopf hoch, schlägt mit dem Kopf, legt die Ohren an oder zieht die Nüstern angespannt nach oben
- Es versucht dem Druck auszuweichen
- Die Haut zuckt stark
- Dein Pferd schlägt mit dem Schweif oder klemmt ihn ein
- Dein Pferd versucht dich wegzudrängen, zu beißen oder sogar nach dir zu schlagen
- Dein Pferd zeigt eine vermehrte Muskelspannung
- Der Blick deines Pferdes wirkt angespannt, die Augen sind aufgerissen oder schmal zusammengekniffen
- Dein Pferd atmet schnell und oberflächlich
So sollte dein Pferd reagieren:
- Dein Pferd hält den Hals und Kopf tief, die Ohren zeigen entspannt nach außen oder sind konzentriert auf dich gerichtet
- Dein Pferd schildert und lässt den Schweif locker pendeln
- Dein Pferd lässt die Unterlippe hängen, kaut ab, schnaubt und gähnt
- Die Muskeln fühlen sich weich an und geben leicht nach
- Dein Pferd schließt die Augen leicht, der Blick wirkt entspannt
- Dein Pferd atmet tief und gleichmäßig
Orientiere dich beim Abtasten am Körper deines Pferdes. Nutze für kleiner Flächen, etwa am Kopf und Genick, deine Fingerkuppen und deine Daumen und gehe in kleinen, sanft zirkelnden Bewegungen über das Gewebe. Größere Flächen, etwa am Hals, an der Schulter, am Rücken, an der Kruppe und am Oberschenkel, erkundest du zunächst mit der flachen Hand. Reagiert dein Pferd nicht, steigerst du den Druck allmählich. Du kannst auch hier mit deinen Fingerkuppen über die Muskulatur gleiten oder punktuell in den Muskel hineindrücken. Ein einfacher Test um herauszufinden, ob die Halsmuskeln entspannt sind, ist das Schütteln des Mähnenkammes. Ist der Mähnenkamm fest, so ist auch die Halsmuskulatur verspannt und es wackelt recht wenig im Halsbereich mit. Ist das Pferd hingegen locker, so kannst du die Schwingungen bis in die Brustmuskulatur beobachten.
Wenn du den Eindruck hast, dass dein Pferd Schmerzen hat, verspannt ist oder das Gewebe ungewöhnlich warm ist, halte bitte Rücksprache mit deinem Tierarzt, deinem Physiotherapeuten oder Osteopathen. Gerne berate ich dich bei Fragen oder zeige dir beim Check-Up deines Pferdes, wie du selbst dein Pferd abtasten kannst und so Verspannungen und Schmerzen frühzeitig erkennen kannst.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Abtasten deines Pferdes!
Deine
Jeanette von Hippo-San
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